Die Komplexität des Menschseins
Wie existieren in einem System, das ein Durchatmen beinahe unmöglich macht?
Wie jeden Morgen sitzt Selah auf der Veranda und wartet in die Stille hinein. Drei Monate sind
vergangen, seit Selah sich krankgemeldet hat, um zu verschwinden. Doch die gewünschte Einsamkeit
wird unerwartet zur Triebfeder für Vergangenes und Verdrängtes: Aufgewachsen in bescheidenen
Verhältnissen, ist Selahs Beziehung zur Mutter von Erwartungsdruck, Schweigen und Scham
geprägt – sie begleiten Selah bis ins Erwachsenenalter hinein. Als die Mutter im Sterben liegt
und Selah längst ein Leben mit der eigenen Familie führt, werden die noch immer klaffenden Wunden
offenbar. Da sind ungewollte Erlebnisse und Entscheidungen, die wie Phantome an der Haut kleben.
Eine Bringschuld, auch wenn Selah gar nicht weiß, wem gegenüber eigentlich. Und Glaubenssätze, die
so tief verankert sind, dass deren Abschütteln Lebensaufgabe ist.
Ein polyphoner Roman von der Suche nach der eigenen Geschichte
Wie verhält man sich, wenn das ganze Universum versucht, einem die Existenz abzusprechen? Wenn man
erst lernen muss, mit sich selbst umzugehen, aber auch mit allem Geschehenen, den eigenen Erinnerungen,
denen man fast nicht trauen kann. Und das unter den gesellschaftlichen Bedingungen von Misogynie,
Heteronormativität, Queerfeindlichkeit, von sozialem und finanziellem Druck?
Luca Mael Milsch schreibt von Fragilität, die zur Stärke wird, von einer Welt voller Ambivalenzen, von
der Sehnsucht nach einer selbstbestimmten Verortung in einer starren Struktur. Und darüber, was von uns
übrigbleibt, wenn alles andere verschwindet.
Autor*in
Luca Mael Milsch ist freie*r Übersetzer*in, Lektor*in, Kurator*in, Moderator*in und Autor*in. Nach dem
Studium der Literaturwissenschaften war Milsch in der Programmleitung des Literarischen Salons Hannover
tätig. Neben zahlreichen Übersetzungen, zuletzt „Happy End“ (S. Fischer Verlag) von Andrew Sean Greer,
Publikationen in Anthologien, Literaturzeitschriften und Magazinen, schrieb Milsch an dem Romandebüt „Sieben
Sekunden Luft“. Für einen Auszug davon war Milsch Stipendiat*in der Prosawerkstatt des Literarischen Colloquiums
Berlin. Ein vielstimmiger, eindringlicher Text, der nach Klängen in einem scheinbar unabänderlichen Raum der Stille sucht.
Heute Abend wird es auch einen Büchertisch und Merchverkauf durch trans*fabel geben. Mehr Infos gibt es hier: https://transfabel.de/
Für FLINTA*.
Eintritt auf Spendenbasis.
Bild-Copyright: Andreas Schmidt